DEUTSCHES MUSIK WISSENSCHAFTS FORUM | |
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ÜBERREGIONAL |
Die klassische Spiegel-Affäre | |||||||||||||||||||||||||||||||||||
CLASSIC-LIFE:
Und Sie zeigten ihm Ihre Partituren?!
PETER HÜBNER: Natürlich mußte ich ja, ich brauchte ja für meine mittlerweile schon höchst besorgte Mutter sein Gutachten und sein Urteil. CLASSIC-LIFE: Und was sagte der Komponist des Bonifazius-Oratoriums zu Ihren Werken hatte er auch solche Schwierigkeiten wie der Spiegel mit dem Phänomen eines Komponisten, der nicht studiert hatte, aber große Partituren schrieb? PETER HÜBNER: Nein, keineswegs! Für den Komponisten des Bonifazius-Oratoriums war dies möglicherweise völlig normal er äußerte sich mir gegenüber jedenfalls nicht in einer Weise, daß er es nicht für normal hielte. CLASSIC-LIFE: Und so stellte er Ihnen die gewünschte Bescheinigung aus! PETER HÜBNER: Ja, er hatte nach dem Studium meiner Partitur damit keine Probleme. CLASSIC-LIFE: Aber Sie gingen dann später doch noch einmal an die Musikakademie der Stadt Kassel, um dort zu studieren ein wahnwitziger Gedanke nach jenem Urteil der Akademie! PETER HÜBNER: Ja, meine Mutter ließ auch nach diesem Gutachten nicht locker. Sie sagte, sie wüßte nicht, was sie ihren Kolleginnen und Kollegen in der Berufsschule sie war dort Lehrerin sagen sollte, wenn diese sie fragten, was denn ihr Sohnemann so mache. Ihre Kollegen wußten ja, daß ich in Kneipen zum Tanz aufspielte. Meine Mutter schämte sich vor den Kollegen, deren Kinder alle etwas wurden, während ihr Sohn wohl in Kneipen seine Zukunft sah. Daß ich zuhause größere Werke komponierte das wollte sie ihren Kolleginnen und Kollegen, trotz der Bescheinigung der Musikakademie, nicht sagen, aus der berechtigten Befürchtung, diese würden sie und ihr Wunderkind dann lächerlich machen. Aber jene Unterstellung des Nachrichtenmagazins: ,An der Kasseler Musikakademie indes konnte ihm keiner mehr was beibringen: Ich wußte ja alles. fordert eine genauere Untersuchung denn hier geht es ja um ein grundlegendes Mißverständnis in der Frage des Lernens. Was den Vorgang des Musikschaffens angeht, so weiß der Klassische Tonschöpfer nichts muß er auch gar nicht und: darf er auch nicht. CLASSIC-LIFE: Das erscheint mir aber gegen alle Lehrmeinung zu verstoßen: der Klassiche Tonschöpfer weiß im Bereich des Musikschaffens nichts. Wie kann er denn dann, wenn er nichts weiß, Musik schaffen und dazu noch: derartig große, bedeutende Werke? PETER HÜBNER: Wie ich ja schon verschiedentlich erklärt habe, ist der Klassische Komponist gar nicht der eigentliche Tonschöpfer: das Musikwerk wird ihm regelrecht diktiert, und er muß es nur aufschreiben. Wenn ich sage, es wird ihm diktiert, dann meine ich natürlich nicht, daß es ihm in der heute üblichen, begrenzten Notenschrift Note für Note diktiert wird. Nein, die Musik wird in seinem Geiste zum Erklingen gebracht wird ihm in seinem Geist offenbart: als das klingende Musikereignis. Er braucht nur das Vermögen, demjenigen, was er in seinem Inneren hört, zu einer Aufführung zu verhelfen, damit es auch andere hören können. CLASSIC-LIFE: Das hört sich ganz einfach an aber die meisten Komponisten oder die Studierenden des Faches Komposition an den Musikhochschulen haben damit, bisher jedenfalls, offensichtlich große Schwierigkeiten: sich in ihrem Kopf ein Musikwerk in all seiner Vielfalt vorzustellen oder zu erdenken und es dann aufzuschreiben. PETER HÜBNER: Diese Schwierigkeit hätte der Klassische Tonschöpfer auch wenn er auch so daran ginge wie der Musikstudent. CLASSIC-LIFE: Ist also der Ansatz falsch: geht also der Musikstudent grundsätzlich falsch an die Sache des Komponierens heran und Sie meinen hier ja offensichtlich mit dem Musikstudenten die ganze Zunft jener Komponisten, die nach ihrem Musikstudium in jener Weise komponieren, wie sie das an der Musikhochschule gelernt haben. |
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Veröffentlichung mit freundlicher Genhemigung von AAR EDITION INTERNATIONAL © 2001- DEUTSCHES MUSIKWISSENSCHAFTSFORUM |